Es ist ein Freitagabend, ich bin über das Wochenende zu meinen Eltern nach Hause gefahren. Wir sitzen alle zusammen beim Abendessen. Mein bester Freund ist zu Besuch und hat heute mal nicht so großen Hunger wie sonst. „Du isst wie ein Mädchen“, sagt mein Vater, als mein bester Freund eine zweite Portion ablehnt. Es dauert einen Moment bis ich diesen Satz aufgefasst und differenziert betrachtet habe. Er findet von niemandem außer mir Beachtung, sondern wird einfach hingenommen – als die Redewendung, die er eben ist.

Häufiger fällt mir auf, dass Formulierungen wie „Du wirfst wie ein Mädchen“, „Du hast das gut gemacht – für ein Mädchen“ oder eben „Du isst wie ein Mädchen“ verwendet werden. Die erstere Formulierung suggeriert Schwäche oder eine schlechte Leistung, denn sie wird vor allem dann verwendet, wenn man(n) schlecht wirft. In der zweiten Aussage schwingt mit, dass man es zwar für eine Frau gut gemacht hat – allerdings nicht so gut wie ein Mann, denn der kann das sowieso besser.

Diese Verwendung von „wie ein Mädchen“ als Synonym für Schwäche muss aufhören. Welchen Eindruck hinterlässt das bei Kindern? Dass Jungen grundsätzlich alles besser machen? Dass Jungen stärker sind? Dass das weibliche Geschlecht für Schwäche steht, während das männliche Stärke verkörpert? Eigentlich sollte man diese Diskussion über die Stärke des jeweiligen Geschlechts nicht mehr führen müssen. Aber wenn ich diese Thematik sogar bei mir zuhause beim Abendessen antreffe, frage ich mich, wie oft sie an anderer Stelle auftaucht. Und wie oft Menschen nicht bemerken, was sie da eigentlich sagen.

Man sollte sagen „Du hast heute aber wenig gegessen“ und nicht „Du isst wie ein Mädchen“. Es sind solche Redewendungen im Alltag, die wir nicht überdenken, weil sie fester Bestandteil unserer Alltagsausdrucksweise sind, die das Selbstbewusstsein von jungen Mädchen beeinflussen können.

Man will einem Jungen oder einem Mann kein Kompliment machen, wenn man den Vergleich „wie ein Mädchen“ herstellt. Es soll eine subtile Beleidigung sein. Und genau das ist das Problem. Es gibt den von der Marke always initiieren Hashtag #likeagirl, der die negative Behaftung der Redewendung zum positiven wenden soll und dafür sorgen soll, „wie ein Mädchen“ zu einem Kompliment werden zu lassen und den Status als Beleidigung abzulösen. Dabei geht es jedoch hauptsächlich darum, Mädchen zu ermutigen, verschiedene Sportarten auszuführen – auch solche, die eigentlich „Männersportarten“ sind. Doch das Problem liegt meiner Meinung nach nicht nur im Sport, sondern immer dort, wo Vergleiche zu Geschlechtern gezogen werden, um etwas Negatives oder Positives, Schwäche oder Stärke auszudrücken.

Mein bester Freund isst nicht wie ein Mädchen. Er isst, wie er eben isst. Mal weniger, mal mehr, je nachdem, wie viel Hunger er hat. So, wie wir alle das machen. Und jemand, der schlecht wirft, wirft nicht wie ein Mädchen, sondern einfach nur verbesserungswürdig.