Am 8. März war internationaler Weltfrauentag. Ein Anlass, der mich zum Nachdenken brachte.
Im Prinzip ist jeder Tag des Jahres Weltmännertag. Männer verdienen mehr, haben im Job bessere Aufstiegschancen, werden auch heute noch häufig als das „stärkere Geschlecht“ bezeichnet. Männer werden nicht von Frauen unterdrückt und ihnen wird nicht bereits in der Schule die Fähigkeit abgesprochen, räumlich denken zu können oder gut in Mathe zu sein.
Als ich anfing, Hormone zu nehmen und immer mehr wie ein junger Mann auszusehen, machten einige Menschen im meinem Umfeld Äußerungen wie „Dann müsstest du jetzt ja eigentlich besser einparken können“. Inzwischen gibt es keine negativen Äußerungen mehr zu meinen Parkkünsten oder zu meinem Fahrstil. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass die Hormone nichts an meinen Fähigkeiten verändert haben. Lediglich eine Tatsache ist anders: Ich werde nicht mehr als Frau wahrgenommen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein kleines, weniger bedeutsames Problem der Stigmatisierung, mit der Frauen tagtäglich konfrontiert werden.
Meiner Meinung nach braucht es mehr Weltfrauentage. Der 8. März war ein Tag der Publizität für Frauen, um wie zum Beispiel in der regionalen Tageszeitung über das noch immer existierende Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen zu berichten. Aber wie viele Jahre braucht es, bis ein Tag der geballten Aufmerksamkeit auf Frauenrechte ausreicht, um solchen sozialen Probleme entgegenzuwirken?
Einer Frau als Mann zu diesem Tag einen Blumenstrauß zu schenken, wie es ein guter Bekannter von mir jedes Jahr mit seiner Freundin macht – ich weiß nicht, was das ändern soll. Es ist ein bisschen wie der Valentinstag – einen Tag lang wird übermäßig auf die Liebe aufmerksam gemacht, um dann an weiteren 364 Tagen einem normalen, teilweise auch wenig liebevollen Alltag zu folgen.
Es gibt neben einem Weltfrauentag auch den Tag der Jogginghose oder den Tag der Quietscheente (für alle, die mitmachen wollen: 13. Januar). Wenn sogar so etwas Unbedeutendem wie einer Ente aus Plastik ein Tag der „Aufmerksamkeit“ gewidmet wird, wie kann man dann die Frauen einfach auf der lange Liste des eintägigen öffentlichen Ruhms einreihen? Klar wird auch häufiger als nur einmal im Jahr über frauenrechtliche Probleme berichtet, zum Beispiel wenn es mal wieder Diskussionen um die Frauenquote gibt. Aber im regulären Fokus der Medien geht der Kampf um Frauenrechte doch abseits von Debatten wie #metoo auch mal unter.
Allein die Tatsache, dass das erklärte Ziel des offiziellen Weltmännertags am 3. November die Aufklärung über „Männergesundheit“ ist, während der Weltfrauentag am 8. März auch „Frauenkampftag“ genannt wird und es um Gleichberechtigung geht, bringt die bis heute problematisch Stellung von Frauen in der Gesellschaft auf den Punkt. Warum nicht mal jeden zweiten Tag zum Weltfrauentag ernennen und die Öffentlichkeit so lange mit so viel Aufmerksamkeit auf Frauen und dem Ziel der Gleichstellung nerven, bis es endlich gravierend Veränderungen gibt?
Facebook wollte mir am 8. März Frauen zeigen, „die inspirieren“. Das wünsche ich mir nicht nur am Weltfrauentag, sondern jeden Tag. An den anderen 364 Tagen im Jahr zeigt mir Facebook maximal an, wie das Wetter werden soll – und das sehe ich auch, wenn ich aus dem Fenster blicke.