Eine Frage, die immer wieder gestellt wird. Meistens werde nicht direkt ich gefragt, sondern meine Freundin wird mit dieser Frage konfrontiert oder andere enge Freund*innen von mir. Es scheint ein sehr wichtiges Anliegen zu sein, herauszufinden, ob ich die OP denn nun schon hatte oder nicht. Eigentlich gibt es die eine OP gar nicht. Die OP, auf die meistens mit dieser Frage Bezug genommen wird, ist die Angleichung der Geschlechtsorgane an die Geschlechtsidentität.
Das Wichtigste zuerst (Ich weiß, ich habe es in anderen Artikeln bereits erwähnt, aber hier nochmal): Es ist nicht okay, diese Frage zu stellen. Weder mir, noch anderen trans* Menschen, noch den Angehörigen von trans* Personen.
Was passiert, wenn ihr diese Frage stellt?
Ihr reduziert trans* Menschen auf ihre Genitalien. Als wäre es das Wichtigste, herauszufinden, was sie zwischen den Beinen haben. Als würde sie das definieren. Aber das tut es nun mal nicht.
Denn Genitalien bestimmen nicht, welchem Geschlecht man angehört. Das bestimmt lediglich die eigene Geschlechtsidentität. Damit ist man auch bereits ein „richtiger“ Mann, eine „richtige“ Frau oder ein „richtiger Mensch“, wenn man noch keine angleichende OP der Geschlechtsorgane hatte oder keine OP anstrebt.
Außerdem verhaltet ihr euch sehr respektlos der Person gegenüber (was eine Reduktion auf die Genitalien eigentlich auch schon suggeriert). Es gibt trans* Menschen, die gerne eine geschlechtsangleichende Operation haben würden, in ihrer Transition noch jedoch noch nicht so weit sind, dass sie die OP schon durchführen lassen konnten; die auf einer Warteliste stehen und ihren OP-Termin herbeisehnen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht operiert werden können; die mit den Aussichten auf die OP-Ergebnisse nicht zufrieden sind, und sich deshalb gegen eine OP entscheiden; die sich mit ihrer äußeren Geschlechtsorganen auch ohne OP wohlfühlen,… Nicht jede trans* Person strebt eine Operation ihrer äußeren Geschlechtsorgane an, die Gründe dafür sind vielfältig.
Ihr wisst wahrscheinlich nicht, was für diese Person alles hinter der Thematik dieser OP steckt (und es geht euch auch nichts an). Es kann sein, dass ihr mit dieser Frage in einer Wunde stochert, die sehr tief und sehr schmerzhaft ist, da es sich dabei um ein sehr privates und sensibles Thema handelt.
Warum solltet ihr diese Frage nicht stellen?
Die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach: Weil es euch nichts angeht. Ihr geht ja schließlich auch nicht rum und fragt Cis-Leute danach, wie ihre Brüste, Penisse oder Vulven aussehen. Das macht man doch einfach nicht. Und ich nehme stark an, das interessiert euch auch nicht.
Warum ist es dann bei trans* Menschen so interessant, was sie zwischen den Beinen haben? Aus Neugierde oder Sensationsgeilheit? Weil trans* Menschen für euch irgendwie nicht ganz greifbar sind, und ihr euch deswegen an Genitalien festhaltet? Weil ihr herausfindet wollt, ob sie bereits „richtige“ Männer oder Frauen sind? Egal, was eure Motivation dahinter wäre, diese Frage zu stellen: Ihr habt kein Recht, schon gar nicht ungefragt, so tief in die Privatsphäre einer anderen Person einzudringen.
Stellt euch mal vor, wie es für euch wäre, wenn euch Fremde/Bekannte/Freund*innen nach dem Zustand eurer Genitalien fragen würden. „Und, was baumelt bei dir da unten so rum?“ „Sag mal, wie sind eigentlich deine Schamlippen so geformt?“ Das wäre euch wahrscheinlich auch eher zu privat und unangenehm. Warum unangenehm? Weil ihr mehr seid als eure Genitalien? Herzlichen Glückwunsch. So geht es trans* Menschen auch.
Was ist die Take-Home-Message?
Wenn ihr es nicht schon längst getan habt, dann streicht die Frage „Hattest du die OP schon?“ genauso wie die Frage „Hatte er*sie die OP schon?“ aus eurem Repertoire.
Geht eurer Wege, unterhaltet euch mit trans* Menschen, sprecht respektvoll mit ihnen und macht euch einfach keine Gedanken darüber, was sie in der Hose haben, genauso wenig wie sie sich Gedanken drüber machen, was zwischen euren Beinen ist, geschweige denn euch danach fragen. Und wenn ihr jemals in die Situation kommen solltet, mit einer Trans*Person intim zu sein, dann ist das wirklich die einzige Situation, in der es euch irgendwas angeht, was sie da zwischen den Beinen hat.
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