Die Wahrscheinlichkeit, dass du cis bist, ist sehr hoch, wenn du diesen Artikel angeklickt hast. Erstens deshalb, weil es weitaus mehr cis Menschen als trans* Personen gibt. Und zweitens, weil eine trans* Person (eher) nicht lernen muss, ein*e trans* Ally zu sein. Falls du neu dabei bist: cis bedeutet, dass du dich mit dem dir bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizierst. Trans* bedeutet das Gegenteil: Menschen, die trans* sind, identifizieren sich nicht oder nicht vollständig mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht.

Die Tatsache, dass du cis bist, liefert dir in der Gesellschaft viele Vorteile. Zum Beispiel, dass deine Geschlechtsidentität als die Norm gilt und du nicht dafür diskriminiert wirst, cis zu sein. Trans* Menschen geht es anders – trans* zu sein ist in unserer Gesellschaft eine klare Abweichung von der Norm und führt zu erheblichen Benachteiligungen und Ausgrenzungen. Mehr darüber erfährst du unter Punkt 7 der nachfolgenden Liste und in meinem Artikel 8 Privilegien, die du als cis Person hast.

In diesem Artikel erfährst du, wie du als cis Person trans* Menschen unterstützen kannst und dadurch zu einer*einem Ally wirst. Auf Deutsch bedeutet Ally Verbündete*r. Die nachfolgende Liste ist bei weitem nicht vollständig und um viele Punkte erweiterbar. Allerdings sind die zehn Schritte ein guter Startpunkt, um ein*e Verbündete*r für trans* Menschen zu werden. Also: lies, lerne und verbünde dich!

  1. Informiere dich! Und damit meine ich nicht nur, dass du meine Blogeinträge liest. Das Internet hat noch viele, viele weitere Informationen zu bieten. Gehe nicht davon aus, dass trans* Menschen dir selbstverständlich einen Kurs in „Gender101“ geben oder dir alle Fragen beantworten, die du zu dem Thema hast. Du kannst dir die Informationen, die du haben möchtest, auch selbst zusammensuchen. Als trans* Person wird man* auch manchmal müde davon, immer dieselben Fragen zu beantworten.
  2. Verwende keine respektlosen Bezeichnungen für trans* Menschen und denk nach, bevor du sprichst! Bloß, weil dir etwas nicht verletzend vorkommt, heißt das nicht, dass es nicht verletzend ist. Wenn du dir nicht sicher bist, ob das, was du sagen willst, respektlos ist oder nicht, dann sag es einfach nicht. Und wenn du ein paar Tipps brauchst, wie du respektvoll mit und über trans* Menschen sprichst, ließ meinen Artikel Über trans* sprechen – Dos and Dont’s. Du solltest auch keine super privaten Fragen stellen und dich schon gar nicht für die Genitalien deines Gegenübers interessieren (lies dazu auch meinen Artikel Hattest du DIE OP schon?).
  3. Erkenne, dass eine Aussage wie „Du siehst gar nicht aus, als wärst du trans*“ kein Kompliment ist! Wie sieht denn jemand aus, der trans* ist? Ein solcher Satz ist stark von Vorurteilen, Schubladendenken und gesellschaftlichen Erwartungen geprägt. Was willst du mit einem solchen Satz aussagen? Wahrscheinlich, dass die Person aussieht, als wäre sie cis – und damit zumindest optisch und oberflächlich in das binäre System von Geschlecht und in die cissexistische Gesellschaft passt. Wieso sollte das ein Kompliment sein? Weil du davon ausgehst, dass trans* zu sein etwas Schlechtes ist, wonach die Person auf keinen Fall „aussehen“ möchte?
  4. Höre den Menschen zu, die trans* sind. Lass sie für sich sprechen, denn sie sind die Expert*innen auf dem Gebiet. Fühlst du dir von dem Gesagten auf die Füße getreten, werde nicht laut und ausfallend. Sei besser erst mal still und denk nach dem Gespräch in Ruhe über die Aussage nach – womöglich auch darüber, warum du dich von dem Gesagten überhaupt angegriffen fühlst. Sag in einem solchen Gespräch lieber keine Sätze wie „Aber das ist ja nicht so schlimm…“, „Sei nicht so ungeduldig, es braucht eben Zeit, sich an einen neuen Namen zu gewöhnen!“ oder „Stell dich doch nicht so an, bloß weil die Person die falschen Pronomen für dich verwendet hat!“, um das Leid von trans* Personen kleinzumachen. Dein Gegenüber wird einen guten Grund für seine*ihre Aussage haben. Da du selbst nicht trans* bist, verstehst du womöglich manches Verhalten oder manche Standpunkte nicht. Sei trotzdem respektvoll – und dazu gehört eben auch, negative oder schmerzhafte Erfahrungen von trans* Menschen nicht herunterzuspielen.
  5. Verabschiede dich von dem Gedanken, dass Geschlecht ein binäres System ist. Es gibt mehr als zwei Geschlechter, mehr als männlich und weiblich. Geschlecht ist ein Spektrum und nicht alle Menschen passen in das restriktive binäre System. Respektiere das. Gestalte auch deine Sprache inklusiv, sodass sich Menschen, die sich außerhalb des Binären verorten und die beispielsweise nicht-binär oder genderqueer sind, nicht ausgeschlossen fühlen.
  6. Nimm das Geschlecht einer Person nicht aufgrund ihres Aussehens an. Dass das Aussehen zwangsläufig Auskunft über das Geschlecht einer Person gibt, ist ein Fehlschluss der cisnormativen Gesellschaft, in der wir leben. Nimm nicht einfach die Pronomen von anderen Menschen an. Warte stattdessen ab, bis die Person selbst ihre Pronomen sagt. Oder frage schlichtweg, mit welchen Pronomen die Person angesprochen werden möchte. Solange du nicht weißt, mit welchen Pronomen sie sich wohl fühlt, verwende einfach den Namen der Person, wenn du über sie oder mit ihr sprichst. Wenn du dich vorstellst, kannst du auch deine eigenen Pronomen nennen. Damit zeigst du, dass du ein*e Ally bist und weißt, dass man die Pronomen von anderen Personen eben nicht aufgrund des Aussehens annehmen sollte.
  7. Setze dich damit auseinander, dass du Cis-Privilegien hast. Und damit, dass die Gesellschaft, in der wir leben, cissexistich ist. Das heißt: trans* Personen gelten als Abweichung von der Norm, als „anders“, sind eine Minderheit und werden benachteiligt. Nutze deine Cis-Privilegien, um dich für trans* Menschen einzusetzen. Verstehe, dass die Welt für Menschen, die Diskriminierungserfahrungen machen, ein beängstigender Ort sein kann. Für sie fehlt es an der selbstverständlichen Sicherheit der Menschen, die der Mehrheit angehören. Der Menschen, die sich zum Beispiel nicht überlegen müssen, ob es für sie sicher ist, sich als das Geschlecht vorzustellen, mit dem sie sich identifizieren. Viele Sachen sind für dich selbstverständlich, für trans* Menschen aber nicht – eben weil du Cis-Privilegien hast.
  8. Ermutige Menschen in deinem Umfeld, Geschlechterrollen und Cisnormativität zu durchbrechen. Bestärke sie, wenn sie sich nicht als cis identifizieren. Sei für sie da und steh für sie ein. Reproduziere auch selbst nicht einfach Geschlechterklischees und Rollenerwartungen, sonder setze dich kritisch mit ihnen auseinander.
  9. Sage nicht nur, dass du trans* Menschen unterstützt, sondern handele auch dementsprechend. Steh für trans* Personen ein, wenn ihnen Ungerechtigkeit widerfährt. Zeige zum Beispiel Transfeindlichkeit auf, wenn sich deine Freunde oder Bekannten abwertend über trans* Personen äußern oder Witze über sie machen, anstatt mitzulachen.
  10. Sieh, dass nicht alle trans* Menschen gleich sind. Es gibt nicht die eine trans* Person, die für alle sprechen kann oder deren Erfahrungen auf alle trans* Menschen verallgemeinert werden können. Jeder Mensch ist anders und hat einen anderen Hintergrund. Auch innerhalb der trans* Community gibt es zum Beispiel Menschen, die weniger privilegiert sind als andere trans* Personen. Es gibt Menschen, die Mehrfachdiskriminierungen erleben, die also beispielsweise nicht nur mit Transfeindlichkeit konfrontiert sind, sondern auch mit Rassismus oder Ableismus. Vergiss nicht, auf Intersektionalität zu achten, wenn du dich für trans* Menschen einsetzen willst.