Über trans* sprechen: Dos and Don’ts

Häufig stolpere ich über Aussagen über trans* Menschen, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen. Scheinbar wissen viele nicht, wie sie respektvoll über trans* Menschen sprechen können. Vielleicht sind sie verunsichert, oder schlecht informiert. Deswegen möchte ich mit diesem Artikel ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Das Hauptproblem liegt meiner Meinung nach darin, dass die Medien häufig mit respektlosen und falschen Äußerungen über trans* Menschen berichten. Die Informationen werden dann von den Leser*innen, Zuschauer*innen oder Zuhörer*innen aufgegriffen und die Sprache wird übernommen – obwohl sie nicht korrekt ist. Es gibt zwar nicht das ultimative 1×1 und wenn man das befolgt, dann tritt man nie in ein Fettnäpfchen. Nicht mal ich mache in dem Bereich immer alles richtig. Dennoch, hier sind meine Gedanken zum Thema, wie man korrekt über Trans* spricht:

  • Wenn sich jemand für einen neuen Namen entschieden hat, dann ist dieser Name der einzige Name, der noch bleibt. Der alte Name sollte nicht mehr genannt werden. Er wurde aus gutem Grund abgelegt. Viele trans* Menschen verbinden mit ihren Geburtsnamen sehr, sehr negative Gefühle. Ich auch. Wenn mein alter Name fällt, nicht einmal in Verbindung mit mir, sondern wenn jemand anderes damit angesprochen wird, fühle ich mich unwohl. Es ist einfach ein Zeichen von Respekt, nicht so etwas zu sagen wie „Max, der früher mal Martha hieß“ oder „Der heißt zwar jetzt Tom, aber eigentlich heißt er Pia…“. Oft werden in  Berichten über trans* Menschen die Geburtsnamen dieser Personen genannt. Ich weiß wirklich nicht, warum es notwendig ist, stets den Geburtsnamen zu nennen und Überschriften oder Teaser zu verfassen, in denen dann sowas steht wie „Finn, der als Vanessa geboren wurde“. Als wäre es unabdingbar, wenn man über eine trans* Person spricht, auch den Geburtsnamen zu nennen, damit man weiß, wie die Person „ursprünglich“ hieß. Nein. Das geht echt nicht klar. Der alte Name tut nichts mehr zur Sache. 
  • Aussagen wie „XY, der früher Mal eine Frau war“ oder „YZ, die früher Mal ein Mann war“ sollte man wirklich vermeiden. Denn diese Leute waren auch früher nicht dem ihnen nach der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig. Diese Zuweisung war schlichtweg falsch. Ich war nicht „früher eine Frau“. Sondern ich wurde als Frau gesehen. Meine Geschlechtsidentität war dennoch nicht die einer Frau. 
  • „XY wusste schon früh, dass er kein Mädchen sein wollte“ –  Es ist keine Entscheidung, trans* zu sein. Man sucht sich nicht aus, dass das nach der Geburt zugewiesene Geschlecht falsch ist. Es ist eben schlichtweg falsch.
  • Die alten Pronomen zu verwenden geht nicht klar! Wenn du selbst eine trans* Person kennst und du über sie in der Vergangenheit sprichst, ist es wichtig, dass du die gewünschten Pronomen dieser Person verwendest – auch wenn es dir schwer fällt. (Es sei denn, die Person ist cool damit, wenn du über ihre Vergangenheit mit den falschen Pronomen sprichst. Aber das musst du abklären.) Ich weiß, dass es nicht super entspannt ist, die Pronomen zu wechseln, mit denen man jemanden anspricht. Dennoch gibt einem das kein Recht dazu, eine Person falsch anzusprechen. Auch nicht dann, wenn die Person nicht vor Ort ist. Das ziemlich respektlos. Ich habe oft Berichte gesehen, in denen Eltern von trans* Personen interviewt wurden und zum Teil immer noch die falschen Pronomen verwenden oder dann zu den falschen Pronomen wechseln, wenn sie über die Vergangenheit reden. Das suggeriert einfach, dass sie immer noch an dem alten Bild ihres Kindes hängen, aber nicht an dem Kind, so wie es eben in der Realität ist. Wenn man weiß, dass man sich noch nicht an die neuen Pronomen gewöhnt hat, kann man zu Beginn einer Unterhaltung zum Beispiel sagen: „Ich mache manchmal noch Fehler mit den Pronomen, wenn es vorkommt, tut es mir Leid. Das ist die Gewohnheit, die dann Überhand nimmt.“ Wenn man dann einen Fehler macht, sollte man sich aber trotzdem entschuldigen. Und so eine Aussage ist auch nichts, auf dem man sich ausruhen kann. Man muss sich trotzdem Mühe geben. Und wenn man nach Jahren immer noch Fehler macht, dann gibt man sich einfach nicht genug Mühe. Ich wurde eine so lange Zeit mit falschen Pronomen angesprochen, einfach, weil es war, bevor ich mich geoutet habe. Jedes Mal wenn jemand in meinem Umfeld heute noch aus Versehen aus Gewohnheit (und das nach über 3 Jahren auf Testo und mehr als 4 Jahre nach meinem Outing) über mich mit „sie“ spricht, dann stirbt ein bisschen was in mir. Das ist echt nicht schön (und kommt zum Glück kaum noch vor). Inzwischen kann ich das besser aushalten, aber früher, gerade am Anfang meiner Transition, war es mir das wichtigste Anliegen, dass niemand mehr „sie/ihr“ verwendete, wenn er*sie über mich sprach. Und gerade da sind noch die meisten Fehler passiert. Das war mit allem anderen zusammen so schwer zu ertragen. Wirklich, gebt euch Mühe. Ihr habt keine Ahnung, was die Person, über die/mit der ihr gerade sprecht, gerade durchmacht. Und wie verdammt gut es ihr tut, wenn ihr die richtigen Pronomen verwendet. Wenn die Person nicht anwesend ist? Dann seid respektvoll und verwendet trotzdem die richtigen Pronomen. Man redet schließlich auch nicht hinter dem Rücken von anderen Leuten schlecht über sie. Die falschen Pronomen zu verwenden, ist auf jeden Fall eine Art, schlecht über jemanden zu sprechen. 
  • Verwende niemals die Begriff „Transe“. 
  • Es gibt nicht den/die „Transgender“. Ich bin nicht einer von vielen „Transgendern“. Das ist kein Substantiv. Transgender ist ein Adjektiv.
  • Man lässt sich als trans* Person nicht „umoperieren“, wenn man sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzieht. Sondern man lässt sein Geschlecht angleichen. Umoperieren würde bedeuten, dass man von einer Sache zu einer anderen wird. Das stimmt nicht. Man ist bereits vor dem OP dem Geschlecht zugehörig, mit dem man sich identifiziert. Dazu muss keine Operation erfolgen.
  • Eine Transition ist keine „Geschlechtsumwandlung“. Obwohl man diesen Begriff häufig in Berichten über trans* Menschen findet, heißt das nicht, dass es auch eine korrekte Bezeichnung ist. Es ist keine „Umwandlung“, der man sich unterzieht, sondern eine Geschlechtsangleichung. Weil man lediglich den Körper an die Geschlechtsidentität angleicht. Und nicht eine neue Identität oder sonst was hervorruft, indem man sich operieren lässt. 
  • Aussagen wie „körperlich noch halb Mann“ oder „körperlich noch eine Frau“ gehen meiner Meinung nach nicht klar. In irgendwelchen Artikeln, Videos oder Berichten oder im Gespräch mit oder über trans* Menschen solche Sachen zu sagen, ist nicht respektvoll. Das sind Fakten, auf die man als trans* Mensch erstens nicht gestoßen werden will, weil man selbst ganz genau weiß, wie der eigene Körper aussieht, und weil man zweitens nicht mal dann halb Frau ist, wenn man als trans* Mann zum Beispiel eine Vagina hat. Eine Vagina zu haben macht einen NICHT halb oder gar ganz zur Frau, einen Penis zu haben macht einen NICHT halb oder ganz zum Mann! Geschlechtsorgane bestimmen das nicht. Man würde ja auch nicht sagen, dass jemand, der sich als Frau identifiziert und dem nach der Geburt das Geschlecht „weiblich“ zugewiesen wurde, der sich aus medizinischen Gründen einer Brustamputation oder eine Gebärmutterentfernung unterziehen muss, körperlich nur noch „halb Frau“ ist.
  • Es gibt einfach keinen Grund, über die Genitalien von trans* Menschen zu sprechen, intensive Diskussionen darüber zu führen oder nach Details zu fragen. Es sei denn, man ist ihr*e Ärzt*in und es hat eine medizinische Relevanz. Dazu folgt aber noch ein separater Artikel, weil es, soweit ich das mitbekommen habe, da einige Unklarheiten gibt. 
  • „Trans* Menschen sind doch auch ganz normale Menschen!“ Äh, ja. Das ist selbstverständlich. Das muss man nicht extra so sagen. Denn immer, wenn man sowas sagt, spricht es der Tatsache die Selbstverständlichkeit ab.

Die Trans*-Thematik ist für Aussenstehende vielleicht schwer zu verstehen. Das kann ich wiederum verstehen. Deswegen wird vielleicht versucht, es, wenn man darüber redet, in bestehende Kategorien zu pressen. Und deswegen wird zum Beispiel zur Veranschaulichung noch der Geburtsname verwendet oder es werden Sachen gesagt wie „Jan, der früher Mal eine Frau war“, damit man auch ja versteht, dass es sich um eine trans* Person handelt und welches Geschlecht ihr nach der Geburt zugewiesen wurde. Aber das muss einfach nicht sein!

Zwar kann ich das verstehen, dennoch finde ich, das reicht nicht als Begründung aus, über die Identitäten von Menschen hinweg zu gehen und solche Sachen zu sagen. Zu sagen „XY ist trans*“ ist doch sogar noch unkomplizierter. Außerdem kann man sagen „XY benutzt die folgenden Pronomen: …“.  Und wenn man nicht weiß, welche Pronomen XY verwendet, dann kann man die Person einfach fragen.

Ich spreche ja Tom auch nicht als Petra an, wenn er mir sagt, dass er Tom heißt. Und wenn ich es machen würde, würde Tom vielleicht sagen „Ach, das ist ja witzig, macht mir nix aus.“ Vielleicht gibt es trans* Menschen, die dann auch so reagieren würden. Ich denke aber der Großteil würde sich einfach nur respektlos behandelt fühlen. So würde es mir auch gehen, wenn mich jetzt jemand mit meinem Geburtsnamen ansprechen würde. Auch wenn es nur zum „Spaß“ wäre. Für mich ist das kein Spaß. Für mich ist das mit viel Leid verbunden. Es gibt Dinge, über die macht man keine Witze – für mich gehört das dazu. Und für mich ist es ein verdammt schlechter Witz, sich so zu verhalten, wie ich es oben in den verschiedenen Punkten beschrieben habe.

Dieser Artikel wirkt wütend, ich weiß. Aber das bin ich auch. Jedes. Verdammte. Mal. Wieder. Wenn ich eine Reportage über trans* Menschen lese, wenn ich einen Bericht sehe, wenn mir jemand von irgendwem erzählt, den er oder sie kennt, der*die trans* ist und dann die falschen Pronomen verwendet oder mir den Geburtsnamen sagt. Mir scheint, es liegt hauptsächlich daran, dass die Leute nicht wissen, was sie da eigentlich falsch machen. Jetzt sollten sie es wissen.

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